Zwei Todesfälle bei Novartis-Gentherapie

Novartis hat am vergangenen Donnerstag bestätigt, dass zwei Patienten nach der Behandlung mit Zolgensma an akutem Leberversagen verstorben sind. Es handele sich dabei um zwei Kinder, die in Russland und Kasachstan Wochen vorher behandelt wurden.

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Das vom Schweizer Pharmakonzern hergestellte Gentherapeutikum Zolgensma galt lange Zeit als das teuerste Medikament der Welt. Eine einzelne Injektion ins Rückenmark kostet umgerechnet rund 2 Mio. Euro, die über einen Zeitraum von fünf Jahren zu bezahlen sind. Bei Erfolglosigkeit der Behandlung kann es in einigen Ländern eine Teilrückerstattung geben.

Novartis benachrichtigte die Gesundheitsbehörden der Länder, in denen das Medikament zugelassen ist. Das Unternehmen glaubt weiter fest an das insgesamt günstige Risiko-Nutzen-Profil von Zolgensma. Man werde jedoch die Kennzeichnung aktualisieren, um darauf hinzuweisen, dass über tödliches akutes Leberversagen berichtet wurde, heißt es aus dem Unternehmen.

Bei den Opfern handelt es sich um zwei Kinder in Russland und in Kasachstan. Das fatale Organversagen sei mehrere Wochen nach einer Zolgensma-Infusion erfolgt, einige Tage nach dem Höhepunkt einer darauf erfolgenden Kortikosteroid-Behandlung. Es sind laut Novartis die ersten tödlichen Fälle von akutem Leberversagen.

Zolgensma ist seit Ende 2021 in der Russischen Föderation zugelassen. Das Medikament für Kinder bis zu einem Körpergewicht von 20 Kilogramm ist derzeit eines von drei Medikamenten weltweit, die zur Behandlung der spinalen Muskelatrophie eingesetzt werden. Diese seltene Erbkrankheit, die in ihrer schwersten Form oft im Alter von zwei Jahren tödlich endet, geriet durch den enorm hohen Preis der Behandlung gerade in den Boulevardmedien seither immer wieder auf die Titelseiten.

Um so erstaunlicher mag der Teil der Bekanntmachung von Novartis klingen, in dem über den bisherigen Einsatz der Therapie berichtet wird: Bis heute seien "weltweit mehr als 2.300 Patienten in klinischen Studien, im Rahmen von Managed-Access-Programmen und im kommerziellen Umfeld behandelt worden". Die Gentherapie Zolgensma (onasemnogene abeparvovec) schleust eine funktionsfähige Variante des Gens SMN1 in Körperzellen ein. Dazu wird das Gen in einen adeno-assoziierten viralen Vektor verpackt. Das Ziel der Genfähren sind die Motoneuronen des Rückenmarks, die das Gen SMN1 für ihr Überleben und das Aufrechterhalten ihrer Funktion benötigen.

Es gibt mehrere therapeutische Ansätze, die jedoch nicht gut miteinander vergleichbar sind: Seit 2017 stellt die US-amerikanische Firma Biogen mit Spinraza (Wirkstoff Nusinersen) ein Medikament zur Verfügung, das den Muskelschwund deutlich vermindern kann. Es muss alle vier Monate in die Rückenmarksflüssigkeit injiziert werden, die Therapiekosten betragen im ersten Jahr 750.000 Euro und in den Folgejahren rund 375.000 Euro. In den USA ist seit 2020 das Medikament Evrysdi (Wirkstoff Risdiplam) der Firma Roche zugelassen, in diesem Jahr erhielt es auch die europäische Zulassung. Dieses wird als Tablette eingenommen und kostet je nach Menge jährlich zwischen 100.000 und 340.000 US-Dollar, die europäischen Preisverhandlungen laufen noch.

Das unabhängige deutsche Prüfinstitut IQWiG veröffentlichte im August 2021 eine frühe Nutzenbewertung: Es fand dort keinen Nachweis, dass der Einsatz von Zolgensma einen Vorteil gegenüber Spinraza bietet. Allerdings blieben wichtige Fragen unbeantwortet, da noch keine geeigneten Vergleichsdaten vorliegen.

©|transkript.de/gkä

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