Projekt Eaden GmbH

Bewegung im alternativen Fleischmarkt

Der Start eines EU-Zulassungsverfahrens für den Labor-Burger von Mosa Meat, der "gestrickte Schinken" von Projekt Eaden kurz vor dem Supermarktregal, das zuckende Stammzellfleisch von Myria Meat und eine Zusammenarbeit von Sartorius mit dem britischen Unternehmen für alternative Zellkulturmedienzusatzstoffe BSFE zeigen die Dynamik, die – angefacht von größer werdendem Interesse von Supermarktketten wie REWE – im Sektor der alternativen Laborlebensmittel gerade herrscht.

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Die niederländische Mosa Meat, ein Pionier für kultiviertes Rindfleisch, das direkt aus tierischen Zellen gewonnen wird, hat ihren ersten Antrag auf Zulassung eines Novel Food in der Europäischen Union eingereicht. Der Antrag konzentriert sich auf kultiviertes Fett als Zutat, die mit pflanzlichen Zutaten gemischt werden kann, um Fleischgerichte wie Hamburger, Frikadellen, Empanadas oder Bolognese herzustellen. Damit geht Mosa Meat einen wichtigen Schritt in Richtung europäischer Markt. Die Europäische Kommission (EC) und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) werden nun das gezüchtete Fett bewerten. Im Gegensatz zu Singapur, wo komplette Produkte bewertet werden, müssen in der EU die kultivierten Zutaten einzeln eingereicht werden. Das kultivierte Fett, das als erste Zutat für die Einreichung ausgewählt wurde, spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung des Geschmacks, des Aromas und des Mundgefühls von kultiviertem Rindfleisch, selbst in kleinen Mengen, und trägt entscheidend zum kulinarischen Erlebnis bei. Mosa Meat nutzte den Fortschritt, um nun in einer angestoßenen Crowd-Investor-Kampagne die Basis der finanziellen Unterstützer zu vergrößern.

Laut einer unabhängigen und von Experten begutachteten Ökobilanz werden bei der Produktion von Rindfleisch aus der Laborkultur im Vergleich zur industriellen Fleischproduktion bis zu 93 % weniger Treibhausgase freigesetzt, 95 % weniger Land und 78 % weniger Wasser verbraucht.

In Deutschland gibt es Neuigkeiten vom Berliner Unternehmen Projekt Eaden: das deutsche Start-up geht mit Hilfe einer von der Textilindustrie inspirierten, selbst entwickelten Faserspinntechnologie daran, eine ultra-realistische Fleischalternative auf Pflanzenbasis herzustellen. Jetzt wurde eine überzeichnete Serie A-Finanzierungsrunde in Höhe von 15 Mio. Euro abgeschlossen, die von Planet A und der REWE Group unter Beteiligung des DeepTech & Climate Fund (DTCF) angeführt wurde. Happiness Capital, AgriFoodTech Venture Alliance und die bestehenden Investoren Creandum und FoodLabs haben sich ebenfalls beteiligt.

Laut Project Eaden können die derzeitigen Fleischalternativen in Bezug auf Geschmack, Textur oder Nährwert nicht mit echtem Fleisch mithalten, so dass sich das Verbraucherverhalten nicht wirklich ändert. Jan Wilmking, Mitbegründer von Project Eaden, sagt: „Wir sind hier, um den Verzicht auf tierisches Fleisch zur Selbstverständlichkeit zu machen. Unsere Produkte überzeugen durch Geschmack, Textur und Nährwert.“ Ähnlich wie bei Mosa Meat, wo Sternenköche das Geschmackserlebnis feiern, sind bei Projekt Eaden die Investoren überzeugt, dass die geschmackliche Nähe zu echtem Fleisch die Verbraucher überzeugen dürften.

Christoph Gras, General Partner von Planet A, kommentiert: „Untersuchungen deuten darauf hin, dass pflanzliche Produkte bis 2035 11–22 % des weltweiten Fleischkonsums ersetzen könnten – aber nur, wenn Verbesserungen in Geschmack und Textur erzielt werden. Das Projekt Eaden ist mit seiner neuen Fasertechnologie, die eine Fleischalternative liefert, die selbst die skeptischsten Verbraucher anspricht, führend bei diesem Wandel. Dieser neuartige Ansatz ist ein entscheidender Schritt zur Dekarbonisierung des Lebensmittelsektors.“ Das Unternehmen wird 2025 in mehreren europäischen Märkten starten, beginnend mit Deutschland, wo Eadens ultrarealistische Schinkenalternativen in der ersten Jahreshälfte in REWE-Supermärkten erhältlich sein werden. Schinken ist ein alltägliches Produkt und ein Grundnahrungsmittel für Europäer. Der Markt ist allein in Deutschland über 2 Mrd. Euro wert.

Das Finanzierungsvolumen bei Projekt Eaden erhöht sich damit auf rund 27 Mio. Euro aus den bisherigen Finanzierungsrunden. Hans-Jürgen Moog, Chief Procurement Officer der REWE Group, sagt dazu: „Das Projekt Eaden setzt neue Maßstäbe bei alternativem Fleisch, indem es das fleischähnliche Erlebnis bietet, nach dem sich die Verbraucher von heute sehnen. Als Launch-Partner freuen wir uns, ihre innovativen Produkte in unsere Filialen zu bringen.“

Bewegung kommt auch auf Seiten der Herstellungsverfahren und Unternehmen des Produktionssektors auf und zur stärkeren Unterstützung aus dem Supermarktbereich hinzu. Die Göttinger Sartorius-Gruppe ist mit der britischen BSF Enterprise (BSFE) eine strategische Partnerschaft eingegangen, die die Stärken beider Unternehmen nutzen soll, um „Innovation und Effizienz bei der Entwicklung nachhaltiger Produktionsmethoden voranzutreiben“. BSFE verändert über seine Tochtergesellschaft 3D Bio-Tissues (3DBT) die Biotech-Landschaft mit innovativen Technologien, darunter gerüstfreie, gewebeverstärkte Materialien und patentierte makromolekulare Verdränger, die als Medienzusätze zur Optimierung des Zellwachstums eingesetzt werden. Diese chemisch definierten, biologischen Additive, die als City-Mix™ für die alternative Proteinindustrie und als CytoBoost™ für die biopharmazeutische Industrie vermarktet werden, beeinflussen das Zellverhalten positiv und reduzieren den Bedarf an teuren Wachstumsfaktoren oder tierischem Serum in Zellkulturmedien.

Im Rahmen der Zusammenarbeit wollen Sartorius und 3DBT neue Technologien und Methoden erforschen, die einen signifikanten Einfluss auf die Skalierbarkeit und Kosteneffizienz von im Labor gezüchteten alternativen Proteinprodukten haben könnten. Sartorius wird 3DBT mit einer Reihe von Zellkulturplattformen, Technologien und technischem Know-how unterstützen, um die gemeinsame Entwicklung einer kostengünstigen Großproduktion von Zellen und Geweben zu ermöglichen, die in den nächsten zwölf Monaten für die Herstellung der führenden im Labor gezüchteten Fleisch- und Lederprodukte von 3DBT verwendet werden sollen.

Einen Ansatz über induzierte Stammzellen (iPS) fährt das Göttinger-Münchner Start-up Myria Meat, das vom Göttinger Prof. Wolfram Zimmermann und anderen 2022 gegründet wurde. Der Idee: das Muskelfleisch ganz natürlich im Labor nachwachsen zu lassen und damit auch „richtiges“ Fleisch herzustellen. Ursprünglich hatte Zimmermann seine Stammzellerfahrung mit humanen Herzmuskelzellen gesammelt.Im Unternehmen wurde dies nun auf Schweinezellen übertragen, prinzipiell wäre jede andere Tierart ebenso im Labor zu züchten. CEO Florian Hüttner war in einem Gespräch mit |transkript.de vor einiger Zeit sogar soweit gegangen, dass das Myria-Fleisch „zuckt wie ein echter Muskel“, weil es aus allen Bestandteilen eines echten Muskels bestehe. Und genau das kann Myria Meat nun auch zeigen. Zum ersten Mal weltweit wurde echter Schweinemuskel aus pluripotenten Stammzellen (iPS) entwickelt, der natürliche, ungetriggerte Kontraktionen zeigt – ein lebendiges Zucken, das die funktionelle Fähigkeit echten Muskelgewebes widerspiegelt (Video). Es gehe dem Unternehmen nicht darum, aus einer im Reaktor hergestellten Zellmasse mit weiteren, dann meist pflanzlichen, Zutaten etwas Fleischähnliches zu produzieren, dsogenannte hybrid cultivated meat products. Man wolle landwirtschaftliches Fleisch durch echtes Laborfleisch ersetzen. Die Herausforderung der Skalierung und das passende Marktsegment für die geeignete Produktwelt eines solchen Stammzellfleisches im Supermarktsortiment treiben die Firma derzeit noch um, die sich auf der Suche nach Investoren für die weiteren Schritte befindet.

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