InflaRx erhält FDA-Notfallzulassung für COVID-Antikörper

Der monoklonale Antikörper Vilobelimab von InflaRx hat eine Notfallzulassung der FDA für die Behandlung schwerkranker COVID-19-Patienten erhalten, die invasiv mechanisch beatmet werden. Der Börsenkurs macht einen Raketenstart.

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Gute Nachrichten aus USA lassen die Aktie der Firma InflaRx (Jena, München, Ann Arbor) seit gestern Nachmittag um mehr als 100% nach oben springen. Vilobelimab, das unter dem Markennamen Gohibic vertrieben wird, wurde nach Angaben von InflaRx für den Einsatz bei hospitalisierten Erwachsenen innerhalb von 48 Stunden nach einer invasiven mechanischen Beatmung oder extrakorporalen Membranoxygenierung zugelassen. Das deutsche Biotech-Unternehmen erklärte, dass es die Produktion hochfahren und das Medikament so bald wie möglich auf den Markt und in die Kliniken bringen will.

Die Nachricht kommt etwa ein Jahr, nachdem das Medikament bei kritisch kranken, intubierten Patienten mit COVID-induzierter Lungenentzündung in einer standortstratifizierten Analyse der 28-tägigen Gesamtsterblichkeit durchfiel. Der Knackpunkt an dieser Analyse war das Wörtchen "standortstratifiziert". In einer vordefinierten Analyse ohne Standortstratifizierung meldete InflaRx später nämlich, dass "Vilobelimab die Gesamtmortalität nach 28 Tagen signifikant reduzierte". Während das ursprüngliche Protokoll keine Standortstratifizierung vorsah, sagte CEO Niels Riedemann bei einer Telefonkonferenz mit Investoren, dass das Unternehmen das Protokoll aufgrund von Empfehlungen der Aufsichtsbehörden dahingehend geändert habe – und dann diese Datenhürde nicht überspringen konnte. Kliniker hatten sich jedoch von der realen, lebensrettenden Wirkung bei den eigentlich hoffnungslosen Fällen begeistert gezeigt.

Trotz des holprigen Starts hatte InflaRx nicht locker gelassen und sogar von "ermutigenden Interaktionen" mit der FDA gesprochen. Bereits im Juli wurden Pläne für die Einreichung eines Zulassungsantrags angekündigt. "Trotz der Verfügbarkeit von Impfstoffen und anderen Behandlungen für frühere Krankheitsstadien von COVID-19 entwickeln viele Patienten immer noch eine virale Sepsis und erreichen einen kritischen Zustand, der oft eine invasive mechanische Beatmung erfordert", so CEO Niels Riedemann. Derzeit liefen Gespräche mit der FDA über die Einreichung eines vollständigen Zulassungsantrags.

Das Medikament kontrolliert ein Protein namens Komplementfaktor C5a, ein Signalmolekül, das eine wichtige und häufig schädliche Rolle bei der Immunreaktion des Körpers spielt. Aktuell liegt die Sterblichkeitsrate in den USA nach Angaben der U.S. Centers for Disease Control and Prevention weiterhin in einer Größenordnung von ca. 2.000 gemeldeten COVID-19-bedingten Todesfällen pro Woche. Die Phase III-Studie PANAMO ist eine der größten 1:1 randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studien bei mechanisch invasiv-beatmeten und intensivmedizinisch behandelten COVID-19-Patienten. Insgesamt 369 Patienten wurden entweder in die Vilobelimab-Behandlungsgruppe (mit sechs 800 mg-Infusionen) oder in die Placebogruppe randomisiert. Beide Gruppen erhielten außerdem die Standardtherapie wie Antikoagulanzien, Dexamethason oder andere Immunmodulatoren. Die Ergebnisse zeigten bei der Behandlung mit Vilobelimab eine um 23,9% verringerte 28-Tage-Gesamtmortalität im Vergleich zur Placebogruppe und somit verbesserte Überlebenschancen der Patienten. 

Gut zwei Jahrzehnte Forschung und Pionierarbeit zur gewebs- und organschädigenden Wirkung des Komplementfaktors C5a als Teil der körpereigenen Immunreaktion gehen dieser Notfallzulassung voraus. Neben der Indikation COVID-19 wird InflaRx eine Ausweitung der Entwicklung von Vilobelimab auf andere virale Lungenerkrankungen und virale Sepsis prüfen, wo der Wirkmechanismus bereits in präklinischen Modellen erforscht wurde. Nun geht es darum, die Produktion schnell hochzufahren. InflaRx verfügt nach eigenen Angaben über "einen Vorrat an Gohibic (Vilobelimab)" und arbeite intensiv an einer Steigerung der Produktion bei seinem Auftragshersteller, um die Versorgung in den USA so bald wie möglich aufzunehmen. Das Unternehmen prüfe zudem derzeit alle Optionen, um Kliniken das Medikament zur Behandlung von Patienten zur Verfügung zu stellen.

Im September 2021 hatten das Bundesgesundheitsministerium und das Bundesforschungsministerium die Firma InflaRx in der Gruppe von Projekten von Unternehmen ausgewählt, zu denen auch die AdrenoMed AG, die Apogenix AG, die Atriva Therapeutics GmbH,die CORAT Therapeutics GmbH und die DRK Baden-Württemberg-Hessen gGmbH gehören, die mit einer Fördersumme von insgesamt ca. 150 Mio. Euro unterstützt wurden. InflaRx hatte davon mit fast 50 Mio. Euro den größten Anteil erhalten.

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