Immunic mit Rückschlag in Phase II bei Colitis ulcerosa

Immunic musste vor Pfingsten bei Colitis ulcerosa (UC) die Segel streichen und hofft nun auf eine besser laufende klinische Studie in Multipler Sklerose. Gelegenheit, den Wirkstoff Vidofludimus genauer unter die Lupe zu nehmen.

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Immunic Inc. mit Sitz in Gräfelfing bei München und den USA hat bekanntgegeben, dass Vidofludimus calcium bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Colitis ulcerosa (engl. Ulcerative colitis, UC) während einer Phase II-Studie namens CALDOSE-1 keine klinische Remission auslöste und damit das Hauptziel verfehlte. Es wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei aktiven Dosisgruppen oder bei einer der sekundären Maßnahmen beobachtet, einschließlich symptomatischer Remission und endoskopischer Heilung, informierte Immunic am Donnerstag.

Das Unternehmen machte unerwartete Interferenzen zwischen Vidofludimus calcium und der gleichzeitigen Verwendung von Kortikosteroiden, die üblicherweise zur Behandlung von UC verschrieben werden, für das Versagen verantwortlich. Diese Medikamente werden auch häufig während klinischer Studien für die Erkrankung verwendet. "Wir sind enttäuscht über die Ergebnisse der CALDOSE-1-Studie. Die Interferenz von Vidofludimus calcium mit gleichzeitiger Verwendung von Kortikosteroiden ist überraschend, und wir werden den Mechanismus hinter dieser unerwarteten Beobachtung weiter untersuchen", sagte Chief Medical Officer Andreas Muehler.

Auch mit weiterer Feinanalyse der klinischen Studiendaten kann nicht darüber hinweggegangen werden, dass die Remissionsrate (das eigentliche Studienziel) in der Placebo-Gruppe höher lag als in der behandelten Gruppe, unabhängig davon, ob Steroide eingenommen wurden oder nicht. Konsequenterweise wird Immunic die Entwicklungslinie in UC nun abbrechen. Die Aktien von Immunic fielen aufgrund der Nachricht von rund 5,95 US-Dollar am Mittwoch auf etwa 3,40 US-Dollar am Freitagnachmittag. Das Unternehmen meldete zum 31. Mai liquide Mittel in Höhe von 93,1 Mio. US-Dollar, die den Betrieb bis zum vierten Quartal 2023 finanzieren sollen.

Der Wirkstoff Vidofludimus calcium wird in der Indikation Multipler Sklerose weitergeführt, wo er zuvor während einer Phase II-Studie einen Behandlungseffekt gezeigt hatte. In dieser Indikation laufen mehrere Studien und CEO Daniel Vitt bleibt dort hoffnungsvoll: "Vidofludimus calcium ist und bleibt ein sehr vielversprechender Produktkandidat mit großem Potential. Wir werden den Fokus nun verstärkt auf unser laufendes MS-Programm richten, einschließlich der Phase III-Studien in schubförmiger Multipler Sklerose und der Phase II-Studie in progressiver Multipler Sklerose. Unsere erfolgreiche Phase II-Studie in schubförmig-remittierender Multipler Sklerose hat gezeigt, dass Vidofludimus calcium in der Indikation MS eine hervorragende Wirksamkeit sowie beispiellose Sicherheit und Verträglichkeit hat. Zusammen mit der postulierten neuroprotektiven Wirkung ist Vidofludmius calcium sehr gut positioniert und differenziert." Auch mit anderen Wirkstoffkandidaten sieht Vitt das Unternehmen gut aufgestellt: "Wir erwarten im Laufe dieses Jahres weitere klinische Daten für IMU-935 und IMU-856. Im Mittelpunkt stehen dabei die Phase Ib-Wirksamkeitsdaten für IMU-935 bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Schuppenflechte in der zweiten Jahreshälfte sowie Phase I-Sicherheitsdaten für IMU-856 bei gesunden Probanden im dritten Quartal 2022. Beide Prüfpräparate haben ein enormes Potential in ihren aktuellen Indikationen – und auch großes Potential in weiteren, zukünftigen Therapiebereichen."

Vidofludimus hat als Wirkstoff eine bewegte Geschichte hinter sich seit der Patenterteilung 2009. Mit dem erstmals entdeckten und erforschten small molecule setzte man bei 4SC AG in Martinsried stark auf die Indikation Rheumatoide Arthritis und erreichte in einer klinischen Phase II-Studie ähnliche Werte wie der damalige Goldstandard Methotrexat. In einer missverständlichen Pressemitteilung wurde damals jedoch von einem gleichrangigen Abschneiden zum „Placebo“ gesprochen, was dem Molekül als Stigma so sehr anhaftete, dass erst eine Umstrukturierung bei 4SC und der Assetverkauf in die neugegründete Immunic 2016 einen Neustart des Wirkstoffs ermöglichte. Die verbliebenen Hoffnungen liegen bei Vidofludimus nun jedoch alleine in der klinischen Studie zu Multipler Sklerose. Weitere Vermögenswerte in der Pipeline von Immunic sind Psoriasis mit IMU-935 und IMU-856 für Zöliakie.

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